von Richard Cole » Donnerstag 13. Dezember 2012, 11:20
Jo - Liechtenauer hat das Fechten nicht erfunden. Wir finden vor ihm die Fünf Wörter nicht - wie ich schon oft tippte, halte ich die Fünf Wörter für Liechtenauers wichtigstes Werk. Liechtenauers Fünf Haue nennt Talhoffer im "Thott" 1459 die Fünf Focal und baut sich spätestens mit dem "München" 1467 ein eigenes System, welches sich auf 4 Haue gründet. Talhoffer System deckt Liechtenauers Fünf Haue komplett ab und beschreibt zugleich den Wechselhau.
Damit wissen wir, daß Liechtenauers Fünf Haue durchaus rezipiert worden sind - Quellen wie das 44A8 stützen die Rezeption.
Die Verse folgen gar keiner Ordnung - denn sie mischen die Vorrede mit dem 12 Stücke mit den Fünf Hauen - und weise extrem viele Fehler im Wort- und Satzbau auf. Das Chaos gleicht, wie getippt, eher Rösner, als der Ersten und Zweiten Überlieferung, die sich beide systematisch gestalten. Ein Satzkode wäre natürlich möglich - der würde aber nicht die vielen Wortfehler erklären . diese wären dann der Tod jedes Kodes.
Interessant ist es, daß der Fehler mit dem Wechseler verwechselt wird - das ist in mehrfacher Hinsicht wichtig. Zum einen stützt es den Wechsler als eigenständigen Hau - was wir ja auch mit Talhoffer belegen können. Zum anderen, wenn man das Stück fechtet (Fehler zweifach), dann ist der zweite Fehler technisch durchaus ein Wechselhau des Fehlers. Nur ist der erste Fehler bei Wechsler - aber fechterische Laien könnten das verwechseln.
Auch den Twer mit dem Schieler zu verwechseln ist interessant - nennt doch das 3227a die beiden Haue als sehr ähnlich. Fechterische Laien können die beiden Haue leicht verwechseln.
Sehr wichtig ist die Datierung - gefühlte 1420'er passen zu unserer These. Sehr wichtig ist auch, das dies ein zeitliches Bindeglied an die Zweite Überlieferung und damit den möglichen Stettner darstellt.
Wir haben ja bisher die größe Zäsur 1389 und 1443 gehabt - das sind 54 Jahre. Das Fragment ist auf alle Fälle ein Indiz für das Bestehen einer Tradierung.
Die Kopie der Lehre ist nicht minderwertig - ganz im Gegneteil. Geht man davon aus, daß der Schreiber hier ein Wirrwarr einer mündlichen Überlieferung festhält, kann man eher von extrem hoher Quaslität sprechen. Dann ist auch der "Himmel" erklärbar, der Schreiber hatte nicht den gerinsten Plan davon, was "vom Tag" bedeutet und setzte somit seinen "Himmel" als gängige Logik eines christlichen Priesters ein.
Ich vermute, der Schreiber hielt fest, was ihm ein Fechter der Zweiten Überlieferung mündlich vortrug. Gegen eine Abschrift sprechen die vielen Wortfehler und das Chaos der Abfolge der Lehre.
Fechtergruß
„Es gibt stets zwei Endpunkte, zwei Gegensätze. Die Kampfkunst ist die Fertigkeit, welche in ihre Mitte fällt.“